Sabine Folie, Michael Glasmeier,
        Gerald Matt (Hrsg.),
        Tableaux Vivants - Lebende Bilder und Attitüden in
        Fotografie, Film und Video.
        Mit Textbeiträgen von Sabine Folie, Michael Glasmeier,
        Mara Reissberger, Birgit Eusterschulte und Künstlertexten;
        240 Seiten mit zahlreichen Abbildungen.
        Wien: Kunsthalle, 2002.
        ISBN: 3­8542-038-2
        Preis: 25,00 Euro

        Die Ausstellung der
        Kunsthalle Wien

      Lebende Bilder (»Tableaux vivants«), Nachstellungen histori-
      scher wie aktueller Gemälde und Skulpturen, sind zum fixen Be-
      standteil des täglichen Bilderstroms geworden: in Musikvideos,
      in der Werbung oder in Kinofilmen... Sie bilden eine eigenstän-
      dige Kunstform zwischen Theater und Bild, Bewegung und
      Stille, Geschichte und Vergegenwärtigung. Sie reflektieren,
      interpretieren und inszenieren die klassischen Werke durch
      den Leib für die Jetztzeit. »Tableaux vivants« sind gleichsam
      körperliche Aneignungen der Kunstgeschichte, die die traditio-
      nellen Bilder durch permanente Transformation lebendig halten.
      Zwischen Performance und Statik angesiedelt, sind »Tableaux
      vivants« zum idealen Medium einer Kunst geworden, die sich
      und ihre Geschichte reflektiert. Im rasanten medialen Rauschen
      lenken sie die Blicke wieder auf die Geste, die Physiognomie,
      auf die Be- und Verkleidung. Sie zeigen den Menschen exem-
      plarisch als Handelnden, gerade weil er stillsteht. Am Beispiel
      von über dreissig KünstlerInnen zeigt die Ausstellung die Ent-
      wicklung der »Tableaux Vivants« seit dem 19. Jahrhundert
      und ihre Bedeutung für die zeitgenössische Kunst.

        Besprechung von
        www.fashion.at

      Lebende Bilder (»Tableaux vivants«), Nachstellungen histori-
      scher wie aktueller Gemälde und Skulpturen, sind zum fixen
      Bestandteil des täglichen Bilderstroms geworden.
        Ihre Geschichte beginnt mit der Antike. Später werden
      sie als politische und erinnerungsmächtige Bildsprache in die
      Festzüge der Renaissance und des Barock und die katholischen
      Prozessionen seit dem Mittelalter integriert. Zur Zeit der Aufklä-
      rung ab dem 18. Jahrhundert werden »Tableaux vivants« und
      die ihnen ähnliche Form der »Attitüden« als körperliche Nach-
      bildungen und Nachstellungen von Kunstwerken beliebtes Ge-
      sellschaftsspiel im privaten Kreis der bürgerlichen Gesellschaft.
      Seit dem 19. Jahrhundert sind sie Sujets der Fotografen. Bürger
      und Künstler lassen sich in den Posen und Requisiten der Mei-
      sterwerke der Kunstgeschichte - etwa von Raffael, Guido
      Reni oder Poussin - ablichten.
        Im 20. Jahrhundert tauchen sie zunächst als Attacke
      auf die bürgerliche Vorstellung vom Meisterwerk und als surre-
      alistisches Bilderreservoir (Marcel Duchamp, Man Ray, René
      Magritte) auf. In den 60er und 70er Jahren symbolisieren sie
      den Konflikt von Kunst und Alltag (Piero Manzoni, Gilbert &
      George). Sie dienen der Inszenierung von Eigenleiblichkeit
      (Cindy Sherman, Bruce McLean, Arnulf Rainer). In der femi-
      nistischen Kunst verkörpern sie die subversive Problematisie-
      rung von Weiblichkeit (Eleanor Antin, Valie Export, Hannah
      Wilke). Zuletzt werden sie seit den 80er Jahren im Zug der
      postmodernen Theorien und der Fragen nach Identität in alle
      möglichen Richtungen von der Kritik über die Erinnerungsarbeit
      bis hin zur Parodie weiterentwickelt (so bei Hiroshi Sugimoto,
      James Coleman, Jeff Wall, Jeroen de Rijke und Willem de Rooij).
        Am Beispiel von etwa dreissig KünstlerInnen zeigt die
      Ausstellung die Entwicklung der »Tableaux Vivants« seit dem
      19. Jahrhundert und ihre Bedeutung für die heutige Kunst.
        KünstlerInnenliste (Auswahl): Julia Margaret Cameron,
      David Wilkie Wynfield, Madame Yevonde, Claude Cahun, Ger-
      trud Arndt, Marcel Duchamp, René Magritte, Man Ray, Karl Va-
      lentin, Hannah Wilke, Eleanor Antin, Valie Export, Orlan, Piero
      Manzoni, Bruce McLean, Arnulf Rainer, Gilbert & George, Ulrike
      Rosenbach, Christiane Seiffert, Pierre Klossowski, Cindy Sher-
      man, Hiroshi Sugimoto, Pierre et Gilles, Jeroen de Rijke/Willem
      de Rooij, Rodney Graham, Mat Collishaw, Liza May Post, Aer-
      nout Mik, Jonathan Monk, u.a.

          Eleanor Antin, »The Artst's Studio«, 2001 aus der Serie
          »The Last Days of Pompeii« © Ronald Feldman Gallery

        Beeindruckend an diesem Projekt sind die Exponate, die den
        ersten Überblick vermitteln, wie die Vorgeschichte der insze-
        nierten Fotokunst von heute aussieht und welche Fotografen
        wichtig sind für die rekonstruktion dieser Tradition. Probleme
        haben wir mit dem Diskurs, den die Kuratoren zum Thema
        führen, insbesondere mit der These, das Foto-Inszenieren
        von heute lasse sich aus dem biedermeierlichen Abendver-
        gnügen der »Tableaux Vivants« herleiten. Das ist einfach Ge-
        schichtsklitterung, ein unverzeihlicher Kurzschluß, den nur
        KunsthistorikerInnen begehen können, die auf das Gesell-
        schaftsspiel der »Tableaux Vivants« fixiert sind und überall
        Verwandtes wittern. (Eher noch könnte man das Inszenieren
        von Fotos aus der Salonmalerei des 19. Jahrhunderts herlei-
        ten, die Eleanor Antin in ihrer Arbeit oben so wunderbar per-
        sifliert.) Aus einer solch angreifbaren These eine Ausstellung
        zu entwickeln, scheint uns abenteuerlich. Aber glücklicher-
        weise scheren sich die Exponate wenig um die Theorie, um
        derentwillen sie versammelt wurden.

        Sie können die »Tableaux Vivants« in jeder Buchhandlung
        des deutschsprachigen Raums kaufen, aber auch online
        bei der Kunsthalle Wien. Zum online Kauf klicken Sie bloß
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