Wiederentdeckt von David Hockney.
        Mit 402 farbigen Abbildungen,
        296 Seiten
        ISBN 3­89660­092­3
        Preis : Euro 49,90 [D] / ¤ 51,30 [A] / sFr 84,­

      David Hockney, einst Mitbegründer der Pop Art und einer der be-
      deutendsten und beliebtes-ten zeitgenössischen Maler, hat die
      großen Meisterwerke der Kunstgeschichte unter die Lupe ge-
      nommen. Dabei hat er eine erstaunliche Beobachtung gemacht,
      die kein Zufall ist: Anfang des 15. Jahrhunderts, in einer relativ
      überschaubaren Zeitspanne, bekommen die Gemälde plötzlich
      eine Präzision und Lebendigkeit, die einen Qualitätssprung be-
      deutet. Diese Entdeckung, von der Zunft der Kunsthistoriker bis
      heute nicht kommentiert, ließ ihm keine Ruhe mehr. Er begann,
      eine Vielzahl von Bildern systematisch zu untersuchen und dis-
      kutierte seine Beobachtungen bald in einem ausgedehnten Brief-
      wechsel mit seinem englischen Freund und Fachmann Martin
      Kemp sowie mit anderen inter-nationalen Experten aus Kunst
      und Naturwissenschaften. Seine Aufsehen erregende These:
      Die Künstler hatten sich beim Malen nicht allein auf ihr Auge ver-
      lassen, sondern optische Hilfsmittel eingesetzt. Maler wie Leo-
      nardo, van Eyck, Holbein, Caravaggio, Velázquez und später
      auch Ingres verwendeten Spiegel, Prismen und Linsen, die ih-
      nen neue Möglichkeiten der Darstellung von Wirklichkeit boten.
      Es bedurfte eines »Handwerkers« wie Hockney, um die Kunst-
      historiker mit dieser The-se zu konfrontieren. In diesem Buch,
      das zeitgleich mit der englischen Ausgabe erscheint, lässt uns
      Hockney erstmals an seinen spannenden Untersuchungen teil-
      haben, die das Geheime Wissen der Alten Meister enthüllen.
      Anhand von umfangreichem, brillantem Bildmaterial, eigenen
      Skizzen und einem höchst erhellenden Briefwechsel werden
      Entwicklungen dargestellt und Argumente ausgetauscht. Der
      Leser wird so in eine der interessantesten kunsthistorischen
      Debatten unserer Zeit hineingezogen, die ihn in Zukunft die Al-
      ten Meister mit neuem Vergnügen betrachten lässt. Hockney
      schlägt darüber hinaus den Bogen in die Gegenwart, hinter-
      fragt die Möglichkeiten der Künstler im Computerzeitalter und
      gibt Impulse für das moderne Kunstschaffen.
        DAVID HOCKNEY wurde 1937 in England geboren
      und ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler.
      Der Wahlkalifornier, der in jungen Jahren die britische Kunst-
      szene aufrüttel-te, wird zu den Pionieren der Pop Art gezählt.
      Durch seine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der
      Kamera gilt Hockney heute als Innovator der Fotokunst.

        Oben : Ein Bild von Vermeer [links] und
        eine Nachstellung desselben, wie das
        Motiv von einer Kamera gesehen wird -
        zum Buch »Vermeer's Camera« weiter
        unten erwähnt.

      Natürlich drängen sich bei Thesen, wie sie Hockney vorträgt,
      die Fragen auf: Kann das wahr sein? Und wenn ja, warum ha-
      ben die Kunsthistoriker das von Hockney Entdeckte bislang so
      fahrlässig verdrängt? Warum mußte es ein Künstler und wa-
      rum konnte es kein Fachgelehrter sein, dem die von Hockney
      beschriebenen Merkwürdigkeiten auffielen und der dann nach
      plausibelen Erklärungen suchte?

      Was die Stichhaltigkeit von Hockneys Thesen betrifft, so darf
      man wohl schon (mit großer Vorsicht wohlverstanden) davon
      ausgehen, daß sie grosso modo zutreffen. Ganz sicher kann
      man erst sein, wenn die Fachgelehrten jeden Einzelfall geprüft
      haben. Das wird noch einige Zeit dauern, aber erste Untersu-
      chungen sind schon angestellt. So für den Fall des hollänidi-
      schen Malers Vermeer, von dem man immer vermutet hatte,
      daß er eine camera obscura besaß und nutzte. Philip Stead-
      man ist dem nachgegangen und hat seine Recherchen jetzt in
      einem Buch zusammengefaßt, zu dem es eine sehr ausführ-
      lich Homepage gibt (siehe Link gleich unten).

      Vermeers Camera : Uncovering the Truth Behind the Master-
      pieces - by Philip Steadman

      Und wer die Reaktionen der Fachwelt auf das Buch überprü-
      fen möchte, kann unter folgende Adresse weitersehen

      Camera Obscura+Vermeer - the google.com search results

      Warum tut sich die Zunft der Kunsthistoriker so schwer, die
      Einsichten und Vermutungen, die Hockney vorträgt, überhaupt
      ernst zu nehmen. Dafür gibt es zwei Gründe, Stolz und ideo-
      logie. Natürlich muß ein Kunsthistoriker in seiner Berufsehre
      getroffen sein, wenn ihm ein Laie Tatsachen aufzeigt, die er
      längst hätte sehen und bewerten müssen. Zum anderen ba-
      siert die Schulmeinung der Kunstgeschichte noch immer allzu
      sehr auf dem Geniebegriff, nach dem Künstler keine Handwer-
      ker sind, sondern begnadete Individuen, denen quasi über-
      menschliche Fähigkeiten zur Verfügung stehen - auch beim
      korrekten Abzeichnen nach der Natur. Zwar gibt es solche
      Zeichengenies wirklich, aber nur ganz selten. Hockney nennt
      als Beispiele Leornardo, Michelangelo, Rubens und Rembrandt.
      Die anderen, weniger begabten mußten dann eben zu Hilfs-
      mitteln greifen, um den angestrebten Realismus ihrer Darstel-
      lungen zu erreichen. Und um festzustellen, wo die Grenze
      liegt zwischen Darstellungen, die nur das Genie aus freier
      Hand zu zeichnen fähig ist und leichter zu bewältigenden
      Aufgaben, braucht es wohl erhebliche praktische Erfahrung,
      wie sie nur ein Künstler besitzt, der sich täglich mit diesen
      Problemen herumschlägt. Die Abneigung der Kunsthistoriker,
      die Nutzung von Hilfsmitteln durch Künstler zuzugestehen,
      weil sie glauben, das könne deren Ansehen mindern, ist
      freilich auch aus dem Grund fahrlässig, weil es natürlich
      auch bei der Nutzung von Hilfsmitteln Grade der Perfektion
      gibt, sodaß man sagen kann, nur große Künstler wissen
      ihre Hilfsmittel auch virtuos einzusetzen und so, daß man
      es kaum merkt. Mehr darüber auf der Webseite zum Buch
      Hockneys beim Kulturweltspiegel des ZDF (Link unten).

        David Hockney - Kulturweltspiegel
        vom 18. November 2001

        Wie dem auch sei - die kunsthistorische Debatte um
      Hockneys Thesen ist freilich nur eine Seite der Medaille. Die
      andere wäre eine Debatte aus fotohistorischer Sicht. Und da-
      von habe ich noch gar nichts gehört, obwohl Hockneys The-
      sen dazu zwingen, die Vorgeschichte der Fotografie in neu-
      em Licht zu sehen und neu zu schreiben.
        Vor etlichen Jahren sorgte eine Ausstellung mit dem
      provokanten Titel »Fotografie nach der Fotografie« für Auf-
      sehen. Gemeint man mit dem Titel das damals neue Phänomen
      der digitalen Fotografie. Nun haben wir auch eine »Fotografie
      vor der Fotografie«. Und das läßt das fotografische Zeitalter
      (für das man den Zeitrahmen von 1830 bis ca. 1990 anset-
      zen kann) als etwas erscheinen, das nicht nur abgeschlos-
      sen ist, sondern auch einen spezifischen Platz im Verlauf der
      abendländischen Medien- und Kunstgeschichte einnimmt, der
      bislang nicht so deutlich zu umschreiben war wie jetzt.
        Wenn man Hockneys Buch ernst nimmt, so war die
      Grundtendenz der abendländischen Tafelmalerei seit ihrem
      Auftreten in der alt-niederländischen Malerei ein Unterneh-
      men, daß auf möglichst realistische Widergabe von Welt ab-
      zielte. Maßstab für diesen Realismus war das Bild, das Lin-
      sen und die camera obscure produzierten - nach heutiger
      Diktion also ein »fotorealistischer« Realismus. Die klassi-
      sche, analoge Fotografie machte diesen Realismus für je-
      derman erreichbar, der eine Kamera kaufte. Das führte zu
      einer Krise der Malerei, soweit sie realistisch orientiert war.
      Das Kamerabild hatte nur den Nachteil, daß quasi selbstän-
      dig entsteht und die kompositorischen Möglichkeiten eher
      von den technischen Parametern bestimmt sind als vom
      Bildwillen des Kamera-Operateurs. Dem hilft erst das digi-
      tale »Rendern« ab (das »Zeichnen« und »Malen« im Com-
      puter). Insgesamt erscheint das »fotografische Zeitalter«
      heute also als jene Phase der Bildhistorie, in der der abend-
      ländische, zentralperspektivische Realismus zwar perfek-
      tioniert wurde, aber nur eingeschränkt realisierbar war und
      somit fast zwangsweise zur digitalen Bildproduktion führen
      mußte, die dem Künstler all jene Freiheiten fotorealistischer
      Weltwidergabe eröffnet, die ihm die Malerei bietet. Fotohi-
      toriker auf also! Es gibt wieder eine Menge zu tun.
        Mehr zum Vergleich der Fotografie und Malerei bei
      Darstellungen des Kriegs hatte Hockney aus aktuellem An-
      laß kürzlich in New York zu sagen - ein weiteres Thema,
      in dessen Diskussion sich Fotohistoriker einzumischen hät-
      ten, wie ich meine (siehe Link unten).

        Plädoyer für die Rückkehr der
        grausamen Bilder - ein Vortrag
        von David Hockney

      Sie können die »Geheimes Wissen« in jeder Buchhandlung
      der deutschsprachigen Länder kaufen, aber auch online
      beim Verleger der Bandes, dem Knesebeck Verlag. Zum
      online Kauf klicken Sie bloß auf den blauen Pfeilbutton gleich
      unten. Der Klick bringt Sie zur Startseite des Internet-Auftritts
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